DAS GOLD DER KEHLE

 

Stimmeinsätze spielen eine ganz entscheidende Rolle bei der Tragfähigkeit und Verständlichkeit der Stimme und damit auch der Sprache. Darunter versteht man den Beginn – also das Ansetzten eines Tones und damit jeden Sprech- oder Sing-Anfang.

 

DER TEUFELSKREIS DES DRUCKS

 

 

F alsch angesetzte Töne führen zu einem gepresstem Stimmklang, einer geringeren Tragfähigkeit der Stimme und zu unsauberer Intonation. Die Stimme wird dünner, weniger flexibel, leiser. Der betroffene Sänger oder Sprecher versucht selbstverständlich diesen Symptomen entgegen zu wirken und übt immer größeren Druck aus. Das kann an verschiedenen Stellen im Körper passieren, beispielsweise im Kehlkopf selber, im Kiefer oder im Zwerchfell/Bauch, in den meisten Fällen jedoch steigt der Druck im gesamten Körper an. Es beginnt ein Teufelskreis der dazu führt, dass bei dauerhafter Wiederholung sogar Stimmknötchen oder anderen Veränderungen der Stimmlippen und/oder des Kehlkopfes eintreten. Diese wiederum verhindern einen natürlichen und freien Stimmaufbau und können sogar bis zur Aufgabe des Berufes führen. Wer also auf seine Stimme angewiesen ist, sollte also alles dafür tun, solchen Zuständen entgegenzuwirken. Sie sind nicht nur verheerend für den Berufssänger oder Sprecher, sondern für jeden von uns unangenehm und sehr beschwerlich. Zwar kann man solche Krankheitsbilder in vielen Fällen mit Hilfe von Medikamente, Stimmübungen oder Operationen „weg-therapieren“, aber man verliert dabei soviel Zeit und Nerven, dass es definitiv schöner ist, sich diesen Weg zu sparen.

In diesem Artikel möchte ich Dir berichten, welche 3 grundlegend unterschiedliche Stimmansätze existieren, wie sie mechanisch funktionieren und welche Konsequenzen ihr Einsatz mit sich bringt. Ich bin kein Verfechter von Tabus, aber eine Verfechterin von Bewusst-Sein. Solange ich weiß was ich wieso tue und es freiwillig tue, darf ich es tun.

Man unterscheidet im Grunde  3 verschiedene Stimmansätze, die ich im folgenden aufführen möchte:

HARTER STIMMANSATZ

 

Explosion B eim harten Stimmansatz sind die Stimmbänder fest verschlossen.  Der ausfließende Atemstrom baut einen hohen Druck auf, der den Kehlkopf verspannen lässt. Der Durchgang wird noch enger und der Druck noch höher. Durch ihr Bestreben nach aussen zu gelangen, reisst die Atemluft die Stimmbänder explosionsartig auseinander. Zuerst entweicht eine Menge Luft ziemlich unkontrolliert und mit hoher Geschwindigkeit. Dann ensteht im Körper eine große Sogwirkung, um die entstehenden Druckunterschiede auszugleichen. Die Stimmlippen knallen wieder mit großer Kraft aufeinander und fügen sich gegenseitig kleine Verletzungen zu. Durch die Verspannung und  Verengungen des Stimmapparats wird zusätzlich die Durchblutung unterbunden. Die Folgen sind Trockenheit, das Gefühl von Enge im Hals und der Wunsch sich zu Räuspern. Der Teufelskreis beginnt….

Bei einer solchen „Fehlbenutzung“ wird die Stimme dauerhaft stark belastet. Es können Stimmknötchen, Kontaktgranulome und andere Veränderungen der Stimmlippen auftreten, die dann zusätzlich eine effektive und angenehme Klangbildung erschweren und gegebenenfalls sogar operativ entfernt werden müssen.

HAUCHIGER STIMMANSATZ

 

I m Gegensatz zum harten Stimmansatz ist der hauchige Stimmansatz nicht unmittelbar schädlich für die Stimme. Allerdings werden die Stimmlippen beim „Hauchen“ bzw. Flüstern stärker gefordert als beim normalen Sprechen. Das liegt daran, dass beim Flüstern  die Luft durch eine dreieckige Öffnung der Stimmlippen entweicht. Sie sind also nicht komplett „verschlossen“ bzw. liegen nicht bündig nebeneinander und werden dadurch nicht komplett zum Schwingen gebracht. Die Spannung konzentriert sich jetzt auf eine bis zu 30% kleinere Fläche, was eine größere Belastung für die Stimme darstellt. Der Klang verliert seine Durchdringungsfähigkeit, weil mehr Luft „frequenzlos“ entweicht.

Ein Hauch von ....

Ist man auf seine Stimme angewiesen beispielsweise in Berufen wie Lehrer, Rechtsanwalt oder Verkäufer kompensiert man die fehlende Tragfähigkeit der Stimme mir erhöhtem Druck und und Pressmechanismen. Diese wiederum führen ebenso wie der Harte Stimmansatz zu Schleimhautreizungen, Stimmknötchen und anderen phonetischen Krankheitsbildern.

 

WEICHER STIMMANSATZ

 

Kombiniert man den weichen Stimmansatz mit einer genauen Artikulation, gelingt ein freier und obertonreicher Stimmklang, der innovatorisch sauber, tragfähig und leicht verständlich ist. D er weiche Stimmansatz ermöglicht einen schnellen Klangaufbau, bei dem die Stimme tragfähig und resonanzreich wird. Die Stimmlippen liegen bündig nebeneinander, lassen aber noch einen ganz schmalen Spalt zwischen sich frei, der etwa einen Millimeter breit ist. So kann die Luft kontrolliert und dennoch unbehindert hindurchfließen und sie in Schwingung bringen. Es schwingen die gesamten Stimmlippenränder und nicht nur ein Teil davon. Es gibt auch keine größere Öffnung, durch die Luft ungenutzt entweichen kann. Sehr effektiv also.

Der weiche Stimmansatz ist damit auch der natürlichste und effektivste Weg, Klänge mir der Stimme zu erzeugen. Kombiniert man den weichen Stimmansatz mit einer genauen Artikulation, gelingt ein freier und obertonreicher Stimmklang, der innovatorisch sauber, tragfähig und leicht verständlich ist. Alles Eigenschaften, die wir von einer angenehmen Stimme erwarten. Durch den schonenden weichen Stimmansatz ist es möglich, die Stimme auch hohen Belastungen auszusetzen ohne Krankheiten oder Verletzungen zu riskieren.  Ganz hervorragend geeignet also bei solistischen Konzerten, Opern-Vorstellungen oder langen Tagen in der Schule. Der weiche Stimmansatz hilft dem Körper auch sich zu entspannen bzw. „richtig“ anzuspannen, um die Stimme auch in weniger exponierten Situationen angemessen zu unterstützen. Also ein kleines Wundermittel der Phonetik.

DIE SACHE MIT DER INTONATION

 

investigationWie oft hat man im Chor oder auch als Solist gehört, dass man zu tief ist. Manchmal denkt man, dass der Dirigent einen nur ärgern möchte, wenn er nach 10 Stunden Probe immer noch an Mikro-Abweichungen vom ideal Klang rummäkelt. Nichts desto trotz – meistens will der Dirigent tatsächlich nur das Beste und will niemanden ärgern, ist eventuell selber verärgert oder einfach nur ein Perfektionist. – Aber was viele vergessen ist, dass eine ungenaue Intonation, mit der viele (Chor-) Sänger zu kämpfen haben, oft das Ergebnis eines zu hohen Drucks oder einer laschen Artikulation ist. Singt der Sänger auf Grund zu hohen Drucks unsauber oder unfrei, ist die Arbeit an einem weichen Stimmansatz essentiell für die Gesundung und Befreiung des Tones.  Spart der Sänger an einer sauberen Artikulation ist das Ergebnis ähnlich. Der Kehlkopf macht seinen Job ganz hervorragend, wenn man ihm die richtigen Spannungsverhältnisse anbietet. Ganz von alleine.

Die Detektiv-Arbeit auf der Suche nach dem Urheber des Übels zahlt sich früher oder später mit Gold aus. Der Kehlkopf wird es dem Sänger und Sprecher danken und ihn mit satten, sauberen, flexiblen und dynamischen Klängen belohnen.

Ganz bestimmt.

Hier findest Du eine einfache Übung zum Trainieren eines weichen Stimmansatzes.

 

Alicja

Hallo! Ich bin Alicja, Sängerin und Gesangspädagogik und mit Leib und Seele Musikerin. Seit ich 5 bin :-) Mit meinem Blog möchte ich die Liebe zur Stimme und mein Know-How mit der Welt teilen, um möglichst vielen Leuten Spaß am Singen und Sprechen und Tanzen zu vermitteln!

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